Schauen und lesen 4
Wiederholungen
Alles schon einmal dagewesen
Alles gar nicht so neu
Über alles in Geschichte gelesen
Getrennt den Weizen von Spreu
Warum nur jene Wiederholungszwänge
Weshalb dieses Spielen im Kasperledumpf
Kommt man im Alltag nicht in die Gänge
Sucht man sich den jeweils genehmen Sumpf
Beflügelt von öde spröden Phantasien
Gelangweilt in andere Masken gesteckt
Wenn ansonsten keine andern Wünsche erblühen
Nur ja nicht aus seinem Trugschluß geweckt
Für ein paar Stunden nur seinen Körper verlassen
Der Geist er flieht ohnehin nirgends nimmermehr
Keine Flügel die einen fest irgendwo umfassen
Wo immer man sich bettet scheints öde und leer
Da lieber fernab von der brüllenden Meute
Mit irgendeinem Laster sich ins Versenken geschickt
Der Menge entfliehen aus dem Tollhaus mit Freude
Schon gar nicht beifallheischend nach oben genickt
Was können dafür all die frischen Brunnen und Seen
Daß man sie mißbraucht für schändliches Spiel
Sie überdauern gleichwohl das Saufen und Wehen
Und haben ohnehin schon immer ihr eigenes Ziel
Was stört es den erhabenen Fontana di Trevi, daß sie mit ihrem
Treiben vorübergehende Schatten werfen; sie werden wieder
gehen, er wird bleiben.
Suche nach der Gemeinsamkeit ...
Geselligkeitsspiele
Kleines Stelldichein in sozialer Gemeinsamkeit
Ausdünstungen gemeinsam in genehme Bahnen
Wer unterscheidet hier schon Kopf noch Hintern
Plätschernde Wasser übertönen dumpfes Würgen
Sonnengewärmte Steinfließen als Aufmunterung
Privatheiten in gewählte Öffentlichkeit krampflos gestellt
Geräusche ganz frei aus allen Öffnungen entwunden
Mund und Hintern in leisem Verdacht der Einklänge
Antike Stammtische als Vorboten und Vorzeichen
Sozusagen als eine Form menschlicher Seinsweisen
Wiederholungsphänomene in neuzeitlicher Umgebung
Gemäße Keuschheit in welchen Stuben auch immer
An Kachelöfen in Amtsstuben in Wirtshäusern eben
Allenthalben ausgesucht selbstgewählt erhellend ...
F. A. Z.
Gezwungen zu hören das Gequatsche,
Dampfgeplaudere und Reden um den Brei.
Anwesenheitszwang! Man ist dabei.
Hirne zermahlen zu einem Gematsche.
Die Luft riecht so eklig und durchdringend fett:
Ich möchte heim ins Bett, um zu lesen die F A Z.
Vom Katheder da dröhnt es oft viel zu dumpf,
Das Hirn wird beständig vernebelt, geknebelt,
Dein Denken richtig und gründlich ausgehebelt,
Du wähnst dich wie so oft in gewöhnlichstem Sumpf.
In dieser Umgebung ist auch schon gar nichts komplett:
Nichts wie heim, hinein in die Kissen, lese die F A Z.
Das Politgedröhne fährt einem eklig tief ins Gemüt.
Dieses dämlich Gelabere stiehlt nur noch die Zeit.
Ein Tor wer vermessen sich opfert gar deren Leid.
Nur ein wenig mit denen und schon ist dein Leben verblüht.
In ihre Fressen könnt ich werfen ein großes, dickes Brikett;
Doch gehorche dem Recht, geh heim, und lese die F A Z.
Sie sitzt schon seit Stunden und redet nur immerfort:
Was sie alles weiß, das geht mir so echt auf den Geist.
Obgleich ich bei ihr sitz, fühl’ ich mich völlig verwaist.
Warum denn noch reden, ich glaub ihr nicht einmal ein Wort.
Trotz all ihrer Schönheit zieht’s mich zu ihr nicht ins Bett:
Viel lieber nach Hause, gute Unterhaltung allein, mit der F A Z.
(Thomas J. Harding, Mai 2005)
O verborgen unter dem Taubenflügel,
Geborgen in ihrer gefiederten Brust,
Unter der Palme am Mittag,
Unter dem rinnenden Quell
Am ruhenden Pol der kreisenden Welt.
O verborgen.
T.S. Eliot
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